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2024/25
Shoa-Studienfahrt – Erinnern, Verstehen, Verantwortung übernehmen

Shoa-Studienfahrt – Erinnern, Verstehen, Verantwortung übernehmen

Im Rahmen einer intensiven und eindrucksvollen Studienfahrt vom 9. bis zum 14. März 2025 setzten wir, Schüler und Schülerinnen aus der 11. Klasse des Maria-Merian-Gymnasium Schkeuditz, uns mit der Geschichte der Shoa, dem Nationalsozialismus sowie Fragen von Erinnerung und Versöhnung auseinander. Erst durch die Förderungen des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, der Organisation Lernorte, des IBB – Internationales Bildungs- und Begegnungswerk und der Brücke Most – Stiftung, von welcher Herr Marcus Weber unsere Studienfahrt plante und begleitete, wurde uns diese aufklärende und wichtige Fahrt überhaupt ermöglicht.

Die Woche begann am Sonntag, dem 9. März. Früh am Morgen fuhren wir mit dem Bus von Schkeuditz zum Gut Kreisau in Polen. Dort angekommen, erhielten wir eine ausgiebige Führung über das Gut Kreisau. Im Anschluss setzten wir uns mit der Geschichte der Anlage und dem Kreisauer Kreis auseinander, welcher dort damals Widerstand gegen den Nationalsozialismus leistete und vor allem Pläne für die Zeit nach der NS-Herrschaft ausarbeitete.

Am folgenden Tag besichtigten wir die Gedenkstätte Gross Rosen. Auf dem Gelände besuchten wir das dortige Museum, in welchem wir eine Einführung in das Thema bekamen. Mit vielen Bildern, anderen Ausstellungsstücken und den Informationen unseres Guides konnten wir dort schonmal einen genaueren Eindruck von der damaligen Situation im KZ Gross Rosen und dessen zahlreichen Außenlagern erlangen. Im Anschluss erhielten wir eine Führung über das Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers. Dabei besichtigten wir den ehemaligen Steinbruch, wo die Häftlinge unter katastrophalen Umständen mit ,,normalen“ Bergarbeitern zusammen harte Arbeit leisten mussten. Auch war es uns möglich, eine nachgebaute Baracke, die alte Küche der Häftlinge und weitere zentrale Orte wie den Apell-Platz zu betreten. Einen besonderen Eindruck hat die nachgebaute Baracke hinterlassen, die die damaligen Lebensbedingungen der Häftlinge verdeutlichte. Im Innenraum befanden sich Bett an Bett mehrere hunderte Hochbetten. Auf diesen 3-Stock-hohen Betten mussten oft insgesamt 9 Menschen schlafen – ohne Matratze, ohne Kissen und häufig auch ohne Decke, bei jedem Wetter und auf viel zu engem Raum. Auch der lange gepflasterte Weg, welcher damals von den Häftlingen selber gebaut wurde, hinterließ bei uns allen ein bedrückendes Gefühl. Nach der Besichtigung durften wir uns in einem Workshop mit den Lebensgeschichten zweier ehemaliger Häftlinge auseinandersetzen und unsere Fragen an die Historikerin Dorota Sula stellen. Nach diesem eindrucksvollen und doch emotionalen Tag war es uns wichtig, zum Abschluss des Tages noch einmal mit unserem Teamer Marcus Weber über das Erlebte und unsere Eindrücke zu sprechen.

Am Dienstagvormittag fuhren wir zu einer ehemaligen Synagoge in Reichenbach, wo wir einen ausführlichen Einblick in das jüdische Leben in dieser Stadt zu der damaligen Zeit bekamen. Im Anschluss haben wir eines der vielen Außenlager des KZ Gross Rosen besucht. Unter dem Namen „Außenlager Riese“ wurde unter dem Schloss Fürstenstein eine gigantische Tunnelanlage gebaut, welche wahrscheinlich als Führerhauptquartier fungieren sollte. Tag und Nacht mussten die Zwangsarbeiter dort unter unmenschlichen Bedingungen arbeiten, um eine weitere größenwahnsinnige Vorstellung der Nationalsozialisten zu befriedigen. Als wir in dem Tunnel standen, wurde vielen von uns erneut klar, welche schrecklichen und unmenschlichen Arbeiten von den Häftlingen verrichtet werden mussten. Zurück auf dem Gut Kreisau setzten wir uns alle wieder zusammen und reflektierten den Tag.

Am folgenden Mittwoch durften wir eine sehr beeindruckende Dame kennenlernen. Melitta Sallai, berichtete mit ihren 97Jahren und einem unglaublichen Erinnerungsvermögen von der damaligen Zeit. Sie selber lebte zur NS-Zeit in Polen, im Schloss Muhrau, wo sie heute auch wieder wohnt. Deshalb konnte sie uns viel über diese Zeiten an diesem Ort berichten. Sie erzählte uns von dem Umgang mit der jüdischen Bevölkerung, dem ,,normalen“ Alltag in der Schule und während des Krieges. Im Anschluss hat Frau Sallai uns alle mit auf ihren Balkon genommen und weiter über ihre Kindheit gesprochen. Wir alle fanden dieses Zeitzeugengespräch sehr einprägsam, da Frau Sallai uns viele Dinge, die wir oft nur aus den Geschichtsbüchern kannten mit persönlichen Erlebnissen unterstreichen konnte.                                                                                                                         

Nach dem Zeitzeugengespräch fuhren wir zurück zum Gut Kreisau und beschäftigten uns dort mit der Kriegsgeschichte und deren Aufarbeitung in Bezug auf Polen und Deutschland. Dazu besuchten wir die Ausstellung „Ausstellung zum 2. Weltkrieg (1939-1945) – Jahre, die die Welt veränderten“ und ,,Mut und Versöhnung“. 

Der Donnerstag begann mit einer langen Fahrt nach Breslau. Dort schauten wir einen jüdischen Friedhof, auf dem wichtige Personen begraben sind, an. Trotz des dauerhaften Regens, ging die Fahrt weiter in die Innenstadt, in der wir eine Stadtführung bekamen. Vor allem die für die Stadt bekannten Zwerge erweckten unsere Neugier. Im Rahmen des Rundgangs besuchten wir nochmals eine Synagoge, das Stadtmuseum und letztendlich die Markthalle, in der wir Mittag essen konnten. Im Anschluss ging es mit der Straßenbahn und dem Bus zu einem etwas außerhalb der Stadt liegenden historischen Museum, welches sich mit der Geschichte der Stadt Breslau von 1945 bis 2016 beschäftigt. In diesem durften wir uns selbstständig umschauen und die aktiven Inhalte zum Mitmachen ausprobieren. Das Geschichtszentrum war relativ modern und dadurch für uns sehr ansprechend gestaltet. Die Inhalte der damaligen Zeit konnten von uns somit, trotz des langen Tages, gut aufgenommen werden. Den Nachmittag beendeten wir mit etwas Freizeit in der Innenstadt Breslaus und mit einem sehr leckeren Abendessen. Müde und mit vollem Magen ging es dann zurück zum Bus und in die Unterkunft.

Am Tag der Abreise entschlossen wir uns gemeinsam als Gruppe nochmals zu der Gedenkstätte Gross Rosen zu fahren, um dort ein Gedenken an die Opfer abzulegen. An diesem Tag regnete es. Als ich bei diesem Wetter alleine den langen, von den Häftlingen selbst gepflasterten Weg vom Ende des ehemaligen Lagers zum Eingangstor hinaufging, wurde mir nochmals richtig klar, wie groß dieses Lager eigentlich gewesen war und wie schrecklich die Verbrechen, die hier und an so vielen anderen Orten von den Nationalsozialisten begangen wurden. Ein bedrückendes und unangenehmes Gefühl überkam mich, welches ich schon von unserem Besuch am Montag kannte. Verstärkt wurde dieses Gefühl durch den Regen und die niedrigen Temperaturen. Ich musste daran denken, dass tausende Häftlinge sich bei jedem Wetter in viel zu dünner Kleidung zu Tode schufteten. Es ist kaum vorstellbar, was sie durchmachen mussten und doch stand ich an einem Ort, an dem all das geschah.                                                                                                                               Dieser abschließende Moment und die Erfahrungen der Woche haben sich bei uns allen tief eingeprägt. Die Studienfahrt hat uns allen noch einmal vor Augen geführt, wie wichtig es ist, Verantwortung für das Erinnern zu übernehmen und, dass man sich nie zu viel mit den behandelten Themen auseinandersetzen kann. 

Wir bedanken uns bei unserem Geschichtslehrer Herrn Henschel und bei Frau Liebig, welche uns auf dieser Fahrt begleitet haben und sie mit viel Engagement erst möglich gemacht haben. Auch bedanken wir uns bei unserem Teamer Herrn Marcus Weber, welcher uns mit zusätzlichen Informationen und dem Beantworten von Fragen immer zu Seite stand. Ein weiterer Dank ist an die Organisationen und Stiftungen gerichtet, ohne die Fahrten wie diese nicht möglich wären. 

Valerie Neumann und Pauline Wagner 11